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Vom Einreiten – Ein realistisches Resümee nach 6 Monaten

Ziemlich genau sechs Monate ist es nun her, dass ich mich zum ersten Mal auf den Rücken meines Nachwuchspferdes geschwungen habe. Über dieses wahnsinnig tolle „Once in a Lifetime“ Erlebnis habe ich im Sommer stolz berichtet. Schon damals habe ich angekündigt, den ganzen Prozess von An- und Einreiten irgendwann noch von einer weniger emotionalen, sondern mehr technischen Seite zu betrachten. Auch für all diejenigen, die der Ausbildung ihres eigenen Jungpferdes entgegen fiebern!

Was ist also in den letzten sechs Monaten geschehen? Vielleicht sollte ich betonen, dass unser Reitprogramm sehr langsam und schonend ablief. Und natürlich extrem individuell, was für Hutze und mich gut funktioniert hat, wäre für ein anderes Team eventuell eher kontraproduktiv. Dies hier ist demnach keine Anleitung, sondern ein Beispiel dafür, wie die Grundausbildung einer jungen Remonte aussehen kann.

Wie viel Vorbereitung ins eigentliche Reiten geflossen ist, könnt ihr zudem in meinem Bericht vom Sommer nachlesen. Im Folgenden soll es vorwiegend ums Reiten gehen! Die ersten drei Monate habe ich Hutze dennoch kaum mehr als 20min geritten, einmal pro Woche (die restlichen wöchentlichen Einheiten habe ich am Boden natürlich abwechslungsreich gestaltet!). Ich hatte bei den ersten Ritten immer Begleitung von meinem Mann, der mir am Boden seine Augen geliehen hat und half, wenn eine Situation sich unübersichtlich anfühlte.

Die ersten Ritte hatte mich Sven zunächst geführt, ich habe gar nichts gemacht. Mit gut abgesprochenem Timing habe ich sanfte Reiterhilfen eingeschlichen und Hutze so schrittweise erklärt, was mein Gewicht, meine Beine und meine Zügelhilfen bedeuten. Alles was wir am Boden gemacht haben, hat sie darauf schon optimal vorbereitet: Zügelhilfen, Schenkelhilfen (in Form von Gertensignalen und Berührungen mit meiner Hand), Stimmsignale. Unser Werkzeugkasten in Sachen Verständigung war bereits gut gefüllt.

Sven hat sich dann innerhalb etwa drei Einheiten mehr und mehr zurück gezogen, unter anderem auch weil ich eine Hackamore als Zäumung gewählt habe, also ein Bosal mit Mecate, an deren Lead Rope Sven natürlich nicht so agieren konnte wie etwa an einer Longe.

Sehr viel Schritt, auch über Stangen und Trail Elemente war was wir zunächst gemacht hatten. Alles Objekte, die sie bereits ausführlich aus unserer Bodenarbeit kannte. Gleichzeitig konnte sie so Recht schnell Selbstsicherheit mit dem ausbalancieren des Reitergewichts entwickeln. Das ein oder andere kleine Scheuen oder Buckeln war zwar dabei, aber sie blieb insgesamt immer nervenstark. Dabei waren wir Mal alleine, Mal in Begleitung von Hutzes bester Freundin meiner alten Haflinger Dame Ginger.

Überhaupt habe ich mir viel unsere anderen Pferde zu Hilfe geholt. Nach etwa zwei Monaten haben wir immer mehr auch die anderen Gangarten hinzu genommen. Sven hat uns auf seiner Rosie begleitet, zwar nicht als Handpferd, wie ich mir das vor einigen Jahren erträumt hatte, aber trotzdem waren die beiden eine enorme Hilfe. Rosie ist inzwischen sehr zuverlässig und erfahren, was Hutze sehr zu Gute kam. Für unseren ersten Trab sind Rosie und Sven uns deshalb vorausgetrabt. Es war ein lustiges Gefühl, weil ich unter mir spürte wie Hutze bei Rosies Anblick im Trab auch traben wollte aber etwas zögerlich „fragte“ wie das denn funktionieren sollte. Als sie die Antwort gefunden hatte, hat sie laut ausgeprustet. Unser gemeinsames Entspannungssignal.

Genau so haben wir das zwei Einheiten später mit dem Galopp gemacht. Mit zwei, drei unausbalancierten Galoppsprüngen, die sich ein wenig nach Buckeln anfühlten haben wir den dritten Gang dann ziemlich geschmeidig und problemlos gefunden. Von Anfang an war der Galopp auf der Rechten Hand etwas schwerer und Hutze landete öfter im Außengalopp. Aber das war erstmal Nebensache. Das gute Gefühl von Teamwork war erstmal wichtiger, als die Balance die mit der Zeit noch kommen wird.

Zudem haben wir viele Basis Übungen gemacht, Vor- und Hinterhand Wendung, Rückwärts, Biegung, Seitwärts. Außerdem habe ich ein wenig getestet und mich dazu entschieden mit Sporen zu reiten, da sie mir je nach Tagesform etwas zu entspannt und Energiesparend war. Unsere Reiteinheiten blieben bei einmal pro Woche und steigerten sich langsam auf 30min. Als Hutze und ich Lenkung, Bremse und Gas dann ganz gut im Griff hatten ging es relativ spontan ins Gelände hinaus.

Für zarte 20min auf dem Schnurgeraden Feldweg hinter unserem Dorf, von uns liebevoll Wiesenhighway genannt. Ich bin außerhalb des Dorfes aufgestiegen, das hatten wir Zuhause inzwischen zwei oder drei Mal geübt. Trotzdem war ich ein nervliches Wrack und hatte für ungefähr 10m vergessen wie man reitet. Sven und Rosie haben uns auch hier wieder sehr geholfen. Hutze wäre am liebsten losgetrabt, aber das hatten wir nach ungefähr 5min ausdiskutiert. Das kenne ich schon von unseren Spaziergängen, hat mich aber ziemlich gefordert. Zuerst waren Hutze und ich hinter Sven und Rosie, später haben wir Position getauscht . Am Ende bin ich vor der Dorfstraße wieder abgestiegen und habe trotz der Aufregung einfach nur gestrahlt.

Reiterlich haben wir darauf hin noch ein wenig Grundlagen gefestigt. Ein paar Mal habe ich mich nur auf die Schrittarbeit konzentriert. Zum Teil auch innerhalb der offenen Trainingseinheiten, die ich wöchentlich am Stall meiner Eltern anbiete. Die anderen Pferde in der Reitbahn kannte sie über den Zaun hinweg, also gab es keine große Aufregung.

Zweimal ist Sven geritten, auch weil ich mit Fortbildungen eingebunden war. Das klappte ganz gut, wobei sie ihm mit dem Galopp etwas Probleme machte, der war ihm fast etwas zu schwungvoll.

Einmal waren wir noch etwas länger für ungefähr 45min in Schritt und Trab im Gelände. Das war wirklich sehr schön, alles was ich vom Boden aus draußen erarbeitet habe, inklusive Entspannungssignal und pausieren war einfach in den Sattel zu übertragen. Dann hat uns das Wetter ein wenig gebremst, so wie das eben ist wenn man im schneereichen Unterallgäu keine Reithalle zur Verfügung hat.

In unserer letzten Reiteinheit musste ich sie ein wenig überzeugen, dass ich den Galopp besser sitzen kann als Sven, die kleineren Buckler waren aber auch nach 5min ausdiskutiert. Ich fühlte mich so richtig auf ihr angekommen! Dass sie ein junges Pferd ist, das spürt man als Reiter noch immer. Sie ist keinesfalls fertig ausgebildet, wir haben lediglich eine gemeinsame Basis geschaffen. Vermutlich wäre das ein wenig anders, wenn ich mehr und intensiver mit ihr gearbeitet hätte. Bei einem so jungen Pferd steht das für mich allerdings außer Frage und mehr bzw. längere Reiteinheiten wären nicht pferdegerecht.

Wir gehen unseren Weg, nicht den von jemand anderem. Auch wenn sich gefühlt Gott und die Welt dazu geäußert haben, dass bzw. wie wir reiten. Von „Wie kannst Du nur so früh anfangen!?“, bis „Na endlich machst Du Mal richtige Arbeit mit dem Pferd!“ habe ich so ziemlich alles zu hören bekommen. Ich habe nicht viel hingehört, sondern darauf vertraut, was ich über Pferdeausbildung und mein Pferd weiß.

Mir ist es sehr wichtig bei der Ausbildung so vorzugehen, dass sich mein junges Pferd zu jeder Zeit wohl fühlt. Zur Überforderung soll es erstmal nicht kommen! Hutze soll das Gefühl entwickeln, dass sie die Antwort auf jede meiner Fragen bereits kennt. Das Reiten ist nur eine Erweiterung der vielen gemeinsamen Unternehmungen. Keinesfalls schwere Arbeit, auch wenn es natürlich sehr feste Regeln gibt, die auch unserer gemeinsamen Sicherheit dienen.

Das ist mir in diesem halben Jahr miteinander denke ich ganz gut gelungen. Ich freue mich schon sehr darauf unsere Reiteinheiten im Laufe des nächsten Jahres auszudehnen. Ich hoffe wir können uns die Gelassenheit und Freude der letzten Monate bewahren. Damit wir auf unserem gemeinsamen Weg immer Zeit haben die Aussicht zu genießen!

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